Maison Margiela: Schuhe, Taschen, Parfüm – Mythos der Mode
Maison Martin Margiela ist eine der bekanntesten und innovativsten Modemarken. Die Mode des belgischen Designers Martin Margiela schrieb und schreibt durch ungewöhnliches, dekonstruierendes Design Geschichte. Auf eines verzichtet das Label jedoch: den Personenkult. Der Erfolg der Marke liegt in ihrer Zurückhaltung begründet. Denn der Designer stellt sich nicht in den Vordergrund. Ebenso auffällig ist die No Logo Strategie des Unternehmens. Die Anonymität des Designers spiegelt sich in seiner Kleidung wieder. Lies hier die Geschichte eines Labels, dass die Modewelt revolutioniert und dabei durch Höhen und Tiefen gehen musste.
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Anonyme Revolution der Pariser Modeszene
1988 gründete der studierte belgische Modedesigner Martin Margiela in Paris sein erstes eigenes Label. Unter dem Namen "Maison Martin Margiela" zielt der Newcomer darauf ab die kommerzielle Modebranche zu revolutionieren und zum Nachdenken anzuregen. Noch im gleichen Jahr am 23. Oktober präsentierte das Label, um den talentierten Belgier die erste Ready-to-wear Kollektion für Damen. Der Erfolg der Show beeinflusste schnell den Wert der Marke und so schaffte es sich Martin Margiela mit der Zeit einen Namen im Pariser Modemonopol zu machen. Im Jahr eröffnete das Label schließlich seinen erste Laden in Tokio. In den folgenden Jahren fiel die Maison besonders durch unkonventionelles nicht modebranchentypisches Verhalten auf. Mitarbeiter, Boutiquen, Chefdesigner, alles sollte anders sein als in den großen Modehäusern wie Dior, Chanel oder Prada.
Aufnahme in die Chambre Syndicale de la Haute Couture
Margielas Gespür für Exklusivität und sein risikoreiches Design wurden 2006 belohnt, indem der anerkannte Modeverband Chambre Syndicale de la Haute Couture das Label in seine Reihen aufnimmt. Margiela darf nun aufwendige Mode unter dem Namen Haute Couture auf der Pariser Modenschau präsentieren. Einen weiteren Meilenstein der Maison Karriere stellt die Verleihung des Vollmitglied Status der Gemeinschaft der Haute Couture Modehäuser im Jahr 2012 da.
Übernahme durch Diesel und die harten Konsequenzen
Tragischerweise war Gründer Martin Margiela zum Zeitpunkt der Auszeichnung nicht mehr Head of Design seiner eigenen Marke. Das Unternehmen wurde Anfang des Jahrtausends von der Diesel-Gruppe übernommen und erlitt dadurch einige Veränderungen. Diesel erwartete kommerziellere Kollektionen und ein gewinnorientierteres Verhalten. Aus den daraus resultierenden Konflikten, verließ Martin Margiela schließlich das Unternehmen 2009. Nach der Bekanntmachung des Verlusts übernahm ein internes, anonymes Team aus Designern die Leitung des Labels. Obwohl Margiela den Wunsch äußerte dem belgischen Modedesigner Raf Simons die Leitung zu übergeben, kreierte ein Team aus Designern, die bereits mit Martin Margiela zusammengearbeitet hatten bis 2014 die Kollektionen. Nach dessen Abdankung setzte Diesel-Gruppen Präsident Renzo Rosse den umstrittenen ehemaligen Designer John Galliano als Kreativdirektor an die Spitze der Maison Martin Margiela.
Neuer Name nach Martin Margielas Ausstieg
Wo ist denn bloß das Martin hin? 2009 verließ Gründer Martin Margiela das Unternehmen und ebnete neuen Designern den Weg in die Modewelt. Der Name Maison Martin Margiela war damit Geschichte. Doch noch ohne das jemand es wirklich bemerkte hieß es plötzlich nur noch Maison Margiela. Der schleichende Prozess der Namensänderung war zwar abzusehen, wurde aber nicht öffentlich kommuniziert. Es gab weder eine offizielle Ankündigung, noch E-Mails an Journalisten oder Modezeitschriften. Lange Zeit nach der Änderung berichteten große Magazine wie die Vogue nach wie vor von der Maison Martin Margiela. Zudem lenkte die Marke von der Änderung ab, indem sie zum gleichen Zeitpunkt den berüchtigte John Galliano zum Chefdesigner ernannten. Die Aufmerksamkeit lag komplett auf der Laufstegveränderung, weniger auf dem fehlenden M im Namen. Die Namensänderung erinnert stark an die von Yves Saint Laurent. Die Modemarke hatte 2012 während Hedi Slimane öffentlich das "Ives" aus dem Namen gestrichen.
Martin Margiela: Hermés, Jean-Paul Gaultier, Maison Margiela
1957 wurde der Mann geboren, der die Modewelt revolutionierte, indem er kommerziellem Design den Rücken kehrte und stattdessen durch Dekonstruktion und Anonymität ein neues Bild von Mode schuf. Auch wenn die Marke heute nur noch "Maison Margiela" heißt, war es der Belgier Martin Margiela, der das Unternehmen bekannt machte. Nach Beendigung seines Studiums an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen 1981 wurde Margiela bereits als herausragendes Talent wahrgenommen. Bevor das Traditionslabel Hermès 1998 auf ihn aufmerksam wurde und ihn zum Chefdesigner der Damenmode verpflichtete, arbeitete Martin als Stylist. Seine außergewöhnliche Sicht auf Mode ebnete ihm den Weg in die größten Modehäuser der Welt. Auf eigenen Wunsch verließ der Designer nach fünf Jahren das Unternehmen und Jean-Paul Gaultier trat an seine Stelle. Interessanterweise war Margiela noch vor seiner Arbeit bei Hermés Assistent bei Jean-Paul-Gaultier (1984-1987). Man könnte sagen der Belgier war seinem eigenen Chef einen Schritt voraus. 1988 wagte er schließlich den großen Schritt und schuf zusammen mit Jenny Meirens sein eigenes Modeimperium.
Martin Margielas Werdegang:
- 1981: Abschluss an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen
- Arbeit als Stylist
- 1984-1987: Assistent bei Jean-Paul-Gaultier
- 1998- 2003: Hermès Chefdesigner der Damenmode
- 1988: Gründung des eigenen Modelabels "Maison Martin Margiela"
Ausstellungen: Museen zeigen Margielas Mode
Neben Haute Couture, Ready-to-wear und kommerziellen Kollektionen finden sich Kleidungsstücke des Labels in Museen und Ausstellungen weltweit wieder. 2018 widmeten die beiden großen Pariser Modemuseen "Museé Galliera" und das "Museé des Arts Décoratifs" Martin Margiela eine Ausstellung, die einen Überblick über die interessantesten Damengarderoben (1989-2009) des Designers zeigt. Besonders das "Museé des Arts Décoratifs" fokussiert sich auf den besonderen Ausdruck und Anspruch des Designers. Werke des Labels Maison Martin Margiela wurden den Werken die Margiela zwischen 1997 und 2003 für Hermés geschaffen hatte gegenübergestellt. Diese interessante Kuration schafft Einblicke in die Psyche des Designers und seine fassettenreiche Kreativität. Im Laufe seiner Karriere als Designer zeigt sich Martin Margiela selbst als Künstler und stellt in unterschiedlichen Kontexten aus. Seine erste Kunstausstellung fand im Jahr 1997 im Boijmans van Beuningen Museum in Rotterdam statt.
Ausstellungen im Überblick:
- 1996: installierte Margiela ein "Museum im Museum" im Rahmen der Kunst- und Mode-Biennale in Florenz.
- 1997: Kunstausstellung im Boijmans van Beuningen Museum in Rotterdam
- 2001: Ausstellungen der "Radical Fashion", die im V&A Museum in London gezeigt wurde
- 2018: Ausstellung "Museé Galliera" und das "Museé des Arts Décoratifs"
John Galliano wird neuer Chefdesigner
Die Entscheidung John Galliano als Creative Director für Maison Margiela einzusetzen, schien hinsichtlich seines beeindruckenden Portfolios eine leichte Entscheidung gewesen zu sein. Trotzdem gilt er, aufgrund diverser Negativschlagzeilen als kontroverse und umstrittene Persönlichkeit. Drogenkonsum und eine extrovertierte Selbstdarstellung machen ihn zu einem beliebten Thema in der Presse. Dennoch beschreiben die Kritiker den 60 Jährigen als einen der talentiertesten Designern überhaupt.
Gallianos Karriere: Studium mit Alexander McQueen
Galliano wird 1960 in Gibraltar geboren und genießt ein sorgenfreies Leben. 1988 macht er seinen Abschluss an der Londoner Central Saint Martins School, an der auch Alexander McQueen studierte und überzeugte daraufhin mit seiner ersten Modekollektion. Bereits ein Jahr später präsentierte er seine Kleidung auf den Pariser Laufstegen und übernimmt 1995 die Leitung des Modehauses Givenchy. Daraufhin folgt eine 11 jährige Anstellung als Kreativdirektor bei Dior. Zuletzt rekrutierte Maison Margiela den Spanier.
- 1988: Abschluss an der Londoner Central Saint Martins School
- 1989: Erste eigene Modekollektion in Paris
- 1995: Chefdesigner von Givenchy
- 1997: 2008: Kreativdirektor bei Givenchy
- 2014: Chefdesigner von Maison Margiela
John Galliano Spring Summer Fashion Show
Gallianos Mode ist aufregend und verspielt, wie der Designer selbst. Schau dir hier seine Spring Summer Fashion Show an.
Schuhe, Tasche, Hemd: Dekonstruktion und Schneiderkunst
Maison Margielas Markenzeichen: ein einfarbiges, weißes Etikett, welches lediglich mit vier Stichen befestigt ist. Moment, kein auffälliges, künstlerisches Logo? Keineswegs, denn das würde nicht zur Firmenphilosophie und dem Ausdruck des Unternehmens passen. Doch das ist nicht die einzige Abweichung vom typischen Modemarkt. Maison Margielas Mode ist anders. Sie sie ist in gewisser Weise eine Anti-Mode. Voluminöse Schnitte, monochrome Farbwelten, körperentfremdende, dekonstruierende Schnitte und wieder verwertete Materialien charakterisieren die Mode des Labels. Kurz gesagt: Maison Margiela macht unkonventionelle Mode mit avantgardistischen und dekonstruktivistischen Einflüssen. Schnitte werden auseinander genommen und in ungewöhnlicher Art und Weise wieder zusammengesetzt oder unübliche Materialkombinationen kommen zum Einsatz. Die Dekonstruktion von Mode wird in jedem Kleidungsstück sichtbar. Dinge, die normalerweise nicht sichtbar sind werden in den Vordergrund gestellt. Da passiert es schonmal (absichtlich), dass die Nähe oder das Futter eines Oberteils nach außen gekehrt werden.
Maison Margielas Mode im Überblick:
- Voluminöse Schnitte
- Monochrome Farben
- Körperentfremdende, dekonstruierende Schnitte
- Wieder verwendbare Materialien
- Avantgardistische Einflüsse
- Unübliche Materialkombinationen
Zensierte Gesichter der Models: Mode steht im Vordergrund
Das Momentum der Dekonstruktion findet sich jedoch nicht nur in der Kleidung des Labels wieder, sondern auch in der Art und Weise wie diese dargestellt bzw. präsentiert wird. Die Models einer Maison Margiela Show haben verhüllte oder maskierte Gesichter um den Fokus von den Mannequins wegzunehmen und ihn voll und ganz auf die getragene Kleidung zu legen. Ebenso werden die Gesichter von Models auf Bildern zensiert. Die Kleidung von Maison Margiela ist schon längst nicht mehr nur Mode, sondern Kunst.
Maison Margiela ‘Défilé’ Co-ed Autumn-Winter Collection
Die Modenschauen des Labels Maison Margiels sind immer wieder für Überraschungen gut. sie sind außergewöhnlich, extrovertiert und vollkommen auf die Mode konzentriert. Das Model steht im Hintergrund. Die künstlerischen Shows ziehen jedes Jahr tausende Zuschauer auf die Ränge. Das Who is Who der Modeszene verfolgt in den ersten Reihe die bunten Kreationen.
"Replica": Das Parfum
Der Geruch von Zigarren und Cocktails flaniert durch den Raum und schnell ist klar jemand trägt Replica. Replica, was so viel bedeutet wie Kopie oder Täuschung ist eine Reihe von acht verschiedenen Düften für Mann und Frau. Das Parfüm ist eine Anlehnung an die "Replica" Kollektion von Martin Margiela und beschreibt, so ein Experte die "Reproduktion von vertrauten Düften und Momenten aus unterschiedlichen Orten und Zeiträumen". Es ist allerdings nicht das erste Parfüm des Luxuslabels. Bereits 2010, noch unter der Leitung von Martin Margiela höchstpersönlich kooperierte das Label mit L´Oréal und veröffentlichte den Unisex Duft "untitled" (zu deutsch: ohne Titel). 2015 folgte dann die Replica Reihe.
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Kooperationen: H&M und Co.
- H&M (2012): Modelinie
- Swarovski (2013)
- L´Oréal (2015): Replica Parfüm Reihe
- Converse (2013): Schuhkollektion
Das No Logo Konzept
Das einzigartige Logo von Maison Margiela lässt bereits erahnen welch, für die Modewelt ungewöhnliche Philosophie hinter der Marke steht. Das Etikett ist nicht umsonst lediglich mit vier Stichen befestigt. Es ermöglicht dem Träger dieses ohne große Mühen abzunehmen und somit das Kleidungsstück zu anonymisieren. Die Bekanntheit der Marke beruht nicht nur auf dessen ungewöhnlichem Designverständnis, sondern auch auf dessen Präsentation. Stichwort Brand Heritage. Maison Margiela stellt nicht den Designer in den Vordergrund, sondern die Marke und alle beziehungsweise alles was dahinter steht.
Zurückhaltung und Anonymität des Designers: Keine Interviews und Fotos
Die Kommunikationspolitik der Marke enthält die komplette Zurückhaltung und Anonymität des Designers. Martin Margiela führt kaum Interviews und wenn doch spricht er in der "Wir" Form. Damit entzieht er sich einer womöglich notwendigen Imagebildung und gibt seinem Team gegenüber Wertschätzung. Die Kollektionen sind eine Gesamtleistung des Teams und so erscheinen auch alle Mitarbeiter nach einer Modenschau gesammelt in Arztkitteln auf dem Laufsteg. Der Dresscode der Mitarbeiter ist eine ‚blouse blanche‘, zu deutsch weiße Bluse, die auf die Haute-Couture-Ateliers der Vergangenheit anspielen soll. Logo, Etikett, Arbeitskleidung und sogar die Gebäude, Showrooms und Boutiquen sowie die Möbel sind komplett in weiß gehalten. Maison Margiela ist im Ursprung eine Gegenbewegung der 90er Jahre Celebrity Kultur und zeigt eine neue Art der Unternehmenskultur, welche die Konsumenten zum Nachdenken anregen soll.
Filme und Dokumentationen über Maison Martin Margiela
Martin Margiela hat sich nie fotografieren lassen, er gab nie Interviews und verriet nie etwas über seine Mode. Ein Mysterium, dass in der Modewelt schon oft zu Unverständnis und Bewunderung rührte. Den Geheimnissen des Designers wird seit 2017 in Form verschiedener Dokumentationen und Filmen auf den Grund gegangen. "We Margiela" und "In his words" zeigen dem Zuschauer beeindruckendes Behind the Scenes Material. Das Mysterium Martin Margiela wird Schritt für Schritt aufgelöst.
Martin Margiela: "In His Own Words"
Noch in diesem Jahr eröffnet eine ganz besondere Dokumentation Modeliebhabern und Fans eine neue Sicht auf den Modedesigner Martin Margiela. In der Doku "In his own words" spricht der Designer offen über sein Modeverständnis und wie sich die Mode verändert hat.
"We Margiela": Dokumentation & Biografie
Auch wenn jeder modeaffine Mensch den Namen Martin Margiela schon einmal gehört hat, ist wenig bekannt über die Person, die hinter dem Modeimperium steckt. Interviews des Designers sind sehr selten und auch sein öffentlicher Auftritt ist kaum existent. In der Dokumentation "We Margiela" aus dem Jahr 2017 wird das Leben des Gründers sowie seine Designstrategien und kreativen Prozesse beleuchtet. So wird beispielsweise offenbart, dass Margiela ein sehr spontaner, risikofreundlicher Mensch ist und viele seiner Entwürfe und Ideen auf Zufall und Intuition beruhen. Margiela setzt hingegen der Erwartungen auf sein Bauchgefühl und verfolgt seine Modephilosophie.
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